25. März 2011

scenario 2011 – Kohlhaas

Jugendstück von Marco Baliani und Remo Rostagno nach Heinrich von Kleist – Westfälisches Landestheater

Ich wollte nicht, dass das geschieht, was in meinem Namen geschehen ist. Ich wollte im Kreise der Menschen bleiben.
(Kohlhaas, Heinrich von Kleist)

Ihr habt diese Schlacht begonnen, nicht ich. Meine Handlungen sind ein Resultat eurer Welt, eine Welt, die mich nicht sein lassen will, wie ich bin. (Sebastian B., Amokläufer von Emsdetten)

Da der Pferdehändler Michael Kohlhaas keinen Passierschein vorweisen kann, wird er vom Burgvogt wie auch vom Verwalter des Junkers Wenzel von Tronka genötigt, bei ihnen zwei Pferde als Pfand zurückzulassen. Wenig später erfährt Kohlhaas, nachdem er seine übrigen Pferde verkauft hat, dass die Passforderung reine Willkür gewesen war, woraufhin er zur Tronkenburg zurückkehrt, um sich seine Pferde zurückzuholen. Dort angekommen muss er feststellen, dass sie durch den Einsatz in harter Feldarbeit sehr abgemagert und heruntergekommen sind und dass sein Knecht Herse übel zugerichtet wurde. Kohlhaas schickt nun eine Klage an den Kurfürst von Sachsen, in der er den Junker auf Erstattung der Kosten für Knecht und Pferde verklagt.
Nach einem Jahr erfährt er jedoch, dass seine Klage niedergeschlagen wurde. Trotzdem versucht er weiterhin auf gesetzlichem Wege Recht zu bekommen. Als seine Frau versucht, dem Kurfürsten von Brandenburg eine Petition zu überreichen, wird sie von einem Wachsoldaten niedergeschlagen und stirbt an ihren schweren Verletzungen. Kohlhaas erkennt, dass das Recht, bedingt durch Vetternwirtschaft, Willkür und Korruption der Obrigkeit, nicht mehr allgemeingültig ist. So sucht er nun seinerseits, durch offene Rebellion gegen das Gesetz zu seinem Recht zu kommen: Kohlhaas verwandelt sich jetzt vom rechtschaffenen Pferdehändler zum rücksichtslosen Mordbrenner.

Auch Amokläufer, wie Sebastian B. in Emsdetten 2006, glauben daran, für ihre Gerechtigkeit bis zum blutigen Ende zu kämpfen. Sie sind nicht mehr bereit, in einer staatlichen Ordnung oder einem sozialen System zu leben, dass sie durch Ausgrenzung, Leistungsdruck und vorgefertigte Hierarchien zu verschlingen droht und nicht mehr nach dem Individuum fragt. Das Scheitern an der Realität eskaliert schließlich in einem in Szene gesetzten Rachefeldzug, der zumeist mit der eigenen Hinrichtung endet. Eine Inszenierung, die eine historische Geschichte von literarischer Bedeutung zum Anlass nimmt, hochaktuelle Fragen in zeitgenössischem Rahmen zu prüfen:

Ist Veränderung bestehender Verhältnisse nur durch Radikalität möglich? Wie schmal ist der Grat zwischen kämpferischer Rebellion und blindwütigem Terrorismus? Wo hat das Einfordern des eigenen Rechts seine Grenzen?

Besetzung:

Kohlhaas: Stefan Leonard
Inszenierung/Ausstattung: Yvonne Groneberg
Video: Ralf Sakulowski
Dramaturgie: Sabrina Bohl
Theaterpädagogik: Kathrin Lehmann

http://www.westfaelisches-landestheater.de/

Info, Vorverkauf und Reservierungen: info@sunergia.be oder +32 (0)87 59 46 20

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